Bei der Bestimmung der „dazugehörenden Preise“ nach der Vorschrift des § 4 Abs. 1 AVB WasserV spielt die Billigkeitskontrolle, es handelt sich hier um privatrechtliche Versorgungsbedingungen, eine entscheidende Rolle.
1.
Umstritten war, inwieweit einseitige Tariferhöhungen eines WVU gem. § 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB einer gerichtlichen Billigkeits-kontrolle unterliegen. Das OLG Sachsen-Anhalt hat dies bejaht (Urt. v. 13.11.2008 – 6 U 63/08). Zur Billigkeitskontrolle für eine differenzierende Tarifgestaltung bei der Versorgung von Privatkunden oder Gewerbekunden mit Trinkwasser hat der BGH nun mit Urt. v. 08.07.2015 (VIII ZR 106/14) den Themenkreis aufgenommen. Die Möglichkeit der Billigkeitskontrolle wird damit von dem BGH jedenfalls unter Verweis auf § 4 Abs. 2 AVBWas-serV und § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB als grundsätzlich gegeben un-terstellt. Die Ausführungen des Senats zur Wasserpreisbildung und auch zur Billigkeitskontrolle sind ungewöhnlich ausführlich.
Die Leitsätze heißen: Ein Wasserversorgungsunternehmen, das in seinem Versorgungsgebiet die Anschlussnehmer auf privatrechtli-cher Grundlage versorgt, kann bei seiner Tarifgestaltung für die Lieferung von Trinkwasser neben verbrauchsabhängigen Entgel-ten zugleich verbrauchsunabhängige Grundpreise zur Abgel-tung der durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Ver-sorgungseinrichtungen entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten in Ansatz bringen (Bestätigung der Senatsurteile vom 20. Mai 2015, VIII ZR 136/14 und VIII ZR 164/14).(Rn.24)
2.
Es ist auch nicht unbillig im Sinne von § 315 BGB, wenn das Ver-sorgungsunternehmen in Abkehr von einer ursprünglichen Grund-preisbemessung nach Zählergröße den Grundpreis nach Nutzer-gruppen bestimmt und dabei zwischen einem (privaten) Haus-haltsbedarf und einem Bedarf für gewerbliche, berufliche oder sonstige Zwecke differenziert. Ebenso wenig ist es unbillig, wenn das Versorgungsunternehmen bei dem Bedarf für gewerbli-che Zwecke nicht noch zusätzlich nach der Größe des an die Was-serversorgung angeschlossenen Gewerbes unterscheidet und für diese Nutzergruppe keine weiteren Untergruppen bildet, sofern einem besonders großen Vorhaltebedarf in anderer Weise Rech-nung getragen ist.(Rn.30)
3.
Das Bundesverwaltungsgericht beschäftigt sich ebenfalls mit der differenzierenden Tarifgestaltung, Entscheidung vom 25.03.2015 (Beschluss, 9 B 55/14), im Rahmen einer Nichtzulassungsbe-schwerde zu der Frage, ob sich aus dem Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG ergibt, dass ein Wasserverband kommunale und gewerbliche Mitglieder bei der Berechnung der Beiträge entsprechend Menge und Schädlichkeit der jeweils erzeugten Ab-wässer gleich behandeln muss. Das Bundesverwaltungsgericht sieht allerdings unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung an dieser Stelle keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage, es sei der Entscheidungsspielraum des WVU unter Gesichtspunkten der Äquivalenz im Wesentlichen nur durch das Willkürverbot be-grenzt.
Der Beitragsmaßstab dürfe nicht sachwidrig und für das Wirken des Verbandes völlig unpassend sein.
4.
Das Gericht kommt in der gleichen Entscheidung interessanter-weise anschließend zu kostendeckenden Wasserpreisen nach der WRRL, die bislang in der zivilrechtlichen Diskussion über die Kal-kulation und Höhe der Wasserpreise keine Rolle gespielt hat. Wasserpreise im Sinne von Art. 9 der Richtlinie hätten zwar durch ihre Gestaltung eine hinreichende Anreizwirkung zu geben, zu einer ressourcenschonenden Verwendung des Umweltmediums Wasser beizutragen. Die Richtlinie 2000/60/EG sei aber lediglich eine auf der Grundlage von Art. 175 Abs. 1 EG (jetzt Art. 192 AEUV) erlassene Rahmenrichtlinie, die gemeinsame Grundsätze und einen allgemeinen Handlungsrahmen für den Gewässerschutz festlege, enthalte jedoch keine vollständige Harmonisierung der wasserrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten (unter Verweis auf: EuGH, Urteil vom 11. September 2014 – C-525/12 [ECLI:EU:C:2014:2202], Kommission/Deutschland – NVwZ 2014, 1442 Rn. 50).